Aus der Geschichte

Zur Namensgebung und Geschichte unserer Vereinsräume „Atarhof“ im Hagerhaus

 

„Atarhof“ leitet sich ab von Atarnhoven – der alte Name für die ehemalige Burg und Siedlung Attersee
Zur Zeit der Baierischen Landnahme zwischen 530 und 800 war A. die Benennung eines wahrscheinlich
baierischen Herzogshofs der Agolfinger am heutigen Kirchberg. Dieser fiel 788 mit Sturz Herzog Tassilos III.
zum Fränkischen Reich der Karolinger. Ein gesicherter archäologischer Nachweis dafür fehlt bis heute.

 

Der Name Atar ist wahrscheinlich viel älteren Usprungs. Auch er ist letztlich nicht geklärt. Am
wahrscheinlichsten entstammt A. dem illyrischen Begriff „adra oder adro“, was soviel wie Wasser, Wasserlauf
bedeutet und heute noch in Gewässer-Bezeichnungen wie z. B. Adria zu finden ist. A. könnte auch von
einem Personennamen „Athari“ abgeleitet sein oder, wie eine Sage erzählt, von einer Nixe: „Der Sage nach
lebte einst eine Nixe namens Adhara im See. Sie brachte allen Bewohnern rund um den See Edelsteine und
Gold. Doch mit dem Wohlstand und Reichtum kam auch der Neid und die Habgier. Da verschwand die Nixe
für immer und streut seither „Gold, Silber und Geschmeid“ in den See. Bis heute gibt sie dem See sein
herrliches Funkeln und Glitzern.“ (nach Erich Weidinger: Sagen und Märchen vom Attersee, 1989)

 

885 wurde A. in einer Urkunde Karls III. zum ersten Mal als Königshof und Verwaltungsmittelpunkt der
Karolinger erwähnt. 977 bezeichnet König Otto II. A. als ihm gehörig. 1007 wurde A. von Kaiser Heinrich II. dem neu gegründeten Bistum Bamberg zum Geschenk gemacht und von 1046 bis 1047 war ein Bamberger Bischof, Clemens II. auch Papst. A. unterstand damals also direkt dem Papst. Als im 13. und 14. Jahrhundert die Bedeutung A. als Herrschaftsmittelpunkt schwand (1289 „ze Aterse in dem Marckt“) und 1472 mit dem Bau der Burg Neu Attersee auf dem Kogl bei St. Georgen begonnen wird, erhält der Ort Attersee denselben Namen wie der See.

 

Das Hagerhauses – ein altes Gebäude mit bedeutender Vergangenheit

1788 wurde das H. als eines der ersten Steinhäuser im Ortszentrum von Attersee erbaut und damals als „Wirtshauß des Mathias Gugg“ geführt. Schon damals war es das stattlichste Haus im Ortszentrum, es war das einzige Haus mit einem Innenhof - durch eine Toreinfahrt zur Hauptstraße hin erschlossen.

 

Das Hagerhaus - Stammhaus des Tourismus und Gewerbes

Seinen Namen hat das H. allerdings vom umtriebigen Unternehmer Anton Hager, geb. 1826, gest. 1907. Seine Eltern, Ignatz und Magdalena Hager hatten schon 1842 nebenan eine große Bierbrauerei gegründet. Sie bestand bis 1912 und gehörte Ende des 19. Jahrhunderts zu den fünf größten Brauereien von Oberösterreich. Das H. wurde von Anton Hager erworben und im Sinne des Historismus umgebaut - im sogenannten Schweizerstil mit weit vorkragende Giebeldächern, Balkonen und Brettschnitzerei mit Laubsägearbeiten im Giebelbereich. Das H. bekam damit ein ähnliches Aussehen wie das am Landungsplatz nebenan von Anton Hager 1875 neu erbaute Hotel Attersee, das bis zum Brand 1945 - während der amerikanischen Besatzungszeit - Bestand hatte. Anton Hager (1826-1907) Wirtshaus mit Bierfässern am Landungsplatz 1865. Mit dem Bau des Hotels Attersee ist Anton Hager auch der Gründungsvater des Tourismus im Ort Attersee. Bis zum Ersten Weltkrieg waren das Hotel Attersee und auch das als Dependance genutzte H. nicht nur eine erste Adresse für die Sommerfrische am Attersee, sondern auch der Ort, wo zahlreiche kulturelle Veranstaltungen wie Theateraufführungen, Faschingsbälle und Konzerte stattfanden. 18. Juli 1864 hat sich Anton Bruckner ins Gästebuch der Familie Hager eingetragen und die Schulchronik berichtet: „Im Hause des Brauereibesitzers Anton Hager wurde dann gern musiziert und Hagers Töchterlein Katharina (nachherige Arztes Gattin K. Moritz, geb. 1885, gest. 1929) durfte mit dem Meister „Vierhändig Klavierspielen“. Die Ehegatten Anton und Rosina Hager eröffneten noch eine Gaststätte am See, welche im Jahr 1905 von Josef und Maria Oberndorfer gekauft wurde und bis heute als Seehotel im Familienbetrieb geführt wird. Zum Hagerhaus gehörte ehemals auch ein Stadel direkt am Wasser, der in mehreren Phasen zu einem Cafe Restaurant (ehemals Gassner) und heute zu einem Seerestaurant umgebaut worden ist (Seehof Attersee).

 

Das Hagerhaus - Post- Amtshaus mit Tradition

 

Das Hagerhaus als Postamt

Anton Hager war von 1861 bis 1894 in wechselnden Abständen Bürgermeister der Gemeinde Attersee und er leitete von 1868 bis 1886 als erster Postmeister auch das damals neu gegründete Postamt, das schon in seinen Anfängen im H. untergebracht war. Die überwiegende Zeit seit damals beherbergte das H. das Postamt von Attersee. Noch heute kann man im Innenhof des H. die Plätze sehen, wo früher die Kutschenpferde für den Postdienst eingestellt wurden. Seit 1873 konnten beim Postamt Telegramme aufgegeben werden und seit 1907 gab es in den Posträumen eine öffentliche „Telephon-Sprechstelle“. Die alten Posträume wurden 1949 umgebaut und die adaptierten Amtsräume wurden bis zur großen Schließungswelle von Postämtern im Jahr 2005 genutzt.

 

Das Hagerhaus als Amtshaus

Von 1940 bis 1965 war im H. auch der Gendarmerieposten Attersee untergebracht. Dann
übersiedelte dieser in das neue Gemeindeverwaltungsgebäude. 2001 wurde der Postenstandort im Zuge einer umstrittenen Verwaltungsreform aufgelöst. Im Sommer 1930 führte Dr. med. Joseph, Assistenzarzt des elektrophysikalischen Mediziners Michael Valentin Zelleis, in einem Raum des H. eine gut besuchte Therapiepraxis. Später übersiedelte er nach St. Pölten. Hagerhaus um 1900 Stadel des Hagerhauses Anfang 20. Jhds., heute Seehof Hagerhaus mit Bahnanschluss und Brauerei im Hintergrund Amtsräume der Post um 1930.

 

Quellen für Fotos und Inhalt:
Fritz A. Göschl: Attersee, Wasser und Geschichte, Heimatverein 1996 und https://www.atterwiki.at/

 


Pfahlbauzeit poetisch betrachtet

Josef Victor von Scheffel (1826-1886)

Der Pfahlmann

 

Dichtqualmende Nebel umfeuchten

Ein Pfahlbaugerüstwerk im See,

Und fern ob der Waldwildnis leuchten

Die Alpen in ewigem Schnee.

 

Ein Mann sitzt auf hölzernem Stege

In Felle gehüllt, denn es zieht;

Er schnipft mit der Feuersteinsäge

Ein Hirschhorn und summelt sein Lied:

 

„Da seht mein verschwollen Gesichte

Und seht, wie bei Durchzug und Wind

Der Ureuropäer Geschichte

Mit Rheuma und Zahnweh beginnt.

 

Zwar klopf ich mit steinernen Beilen

Und Keulen mir Bahn durch die Welt,

Doch ist ein gemütlich Verweilen

Noch täglich in Frage gestellt.

 

Im Wald stört das Raubtier mit Schreien

Den Schlaf im durchhöhleten Stamm

Und bau’ ich mein Hüttlein im Freien,

So stampft mir’s der Urochs zusamm’.

 

Drum lernt’ ich vom biederen Biber

Und stelle als Wohnungsbehilf,

Je weiter vom Festland je lieber,

Den Pfahldamm in Seegrund und Schilf.

 

Auch hier muß ich vieles noch meiden,

Was späterer Zeit einst gefällt:

Gern trüg ich ein Schwert an der Seiten

-- Es gibt weder Eisen noch Geld.

 

Gern zög ich Gewinn vom Papiere

-- Noch sind keine Börsen gebaut;

Gern ging ich des Abends zum Biere

-- Es wird noch keines gebraut.

 

Und denk’ ich der Art, wie wir kochen,

Gesteh’ ich selber: s ist arg.

Wir spalten dem Torfschwein die Knochen

Und saugen als Kraftsaft das Mark.

 

Wie kann sich der Geist da schon lenken

Auf höh’res Kulturideal?

In all unserm Fühlen und Denken

Steckt rammeltief Pfahl neben Pfahl.

 

Der Mann sang’s mit heiserer Kehle,

Da schwoll mit dem Rheuma sein Grimm,

Zwei Bären beschlichen die Pfähle

Und schnupperten kletternd nach ihm.

 

Da schmiß er zum Pfahlküchenkehricht

Beil, Hirschhorn und Trinkkrug von Ton,

Sprang husch! Wie ein Frosch ins Geröhricht

Und schwamm mit Fluchen davon.

 

Wo einst man die Stätte errichtet

Zum keltischen Seehüttendorf,

Ruht jetzt eine Fundschicht geschichtet,

Tief unter dem Seeschlamm und Torf.

 

Der diesen Gesang schuf zum Singen,

Hat selber den Moder durchwühlt

Und bei den gefundenen Dingen

Einen Stolz als Kulturmensch gefühlt.

 

 

Hesse & Becker-Verlag Leipzig 1916